Freitag, 6. Februar 2015

Mafia-Schlepper - mit Gold und Pässen im Zug

Bei den Ermittlungen der Schweizer Behörden nach Schlepperbanden konzentrieren sich Grenzwächter weniger auf Mailänder Hausfrauen oder Taxifahrer, die für ein paar Euro Lohn papierlose Migranten im Auto ins Tessin zu chauffieren versuchen und an der Grenze aus dem Verkehr gezogen werden. Ermittelt wird vielmehr gegen skrupellos agierende und international tätige Netzwerke aus Italien, die für Wucherpreise oder Zwangsprosti­tution oder Sklavendienste als Gegenleistung, Flüchtlinge nach Europa und von da in die Schweiz bringen: ins Tessin, aber auch von Domodossola durch den Simplontunnel nach Brig und ins St. Galler Rheintal.




Oberzolldirektor Rudolf Dietrich sagt, er habe bei einem Augenschein selbst miterlebt, wie Grenzwächter im Zug von Mailand nach Arth-Goldau einen Mann anhielten, der mehr als ein Dutzend afrikanische Pässe und kostspieligen abessinischen Goldschmuck auf sich trug. Die Papiere gehörten Migranten, denen der Mann mutmaßlich die illegale Einreise in die Schweiz ermöglichen wollte und sich von den Familien für seine Dienste mit Gold auszahlen ließ. Ebenso denkbar ist, dass der Mann die Ware im Auftrag eines Komplizen transportierte.

Doch Ermittlungen gegen Schlepper werden nicht in fahrenden Zügen, sondern vorab in den Grenzgebieten selbst geführt. Jürg Noth, Chef des Grenzwachtkorps, wollte gestern aus ermittlungstaktischen Gründen keine näheren Angaben dazu machen. Er sagte: Heute beobachte man Schleppertätigkeiten vermehrt während längerer Zeit. Um die organisierte Kriminalität  in allen Details zu dokumentieren, würden bei der Beweisaufnahme auch Kameras und Drohnen eingesetzt. «Früher hat man sofort eingegriffen und sich mit Anzeigen zufriedengegeben, während Schlepper heute vermehrt verhaftet werden», so Noth.

Oberzolldirektor Dietrich führt die Fortschritte im Kampf gegen die Schleusungskriminalität auch auf die verstärkte Teilnahme der Schweiz an Programmen der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (Frontex) zurück. Über diese Plattform erhält das GWK Zugang zu wichtigen Informationen. Zudem beteiligt es sich mit Spe­zialisten an internationalen Einsätzen in Ländern wie Griechenland, Bulgarien und Italien. Flüchtlinge können dort vor Ort zu ihrer Flucht befragt und Schleppertätigkeiten analysiert werden.

Das so gewonnene Wissen ist für Schweizer Ermittler im Kampf gegen die organisierte Kriminalität äußerst hilfreich.

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