Die britische Großbank HSBC hat offenbar jahrelang wissentlich
Konten von Kriminellen verwaltet. Tausende Dokumente enthüllen Details der
Bankgeschäfte, bei denen es darum ging, Geldanlagen in der Schweiz zu
verschleiern. Die Vorwürfe wiegen schwer: Beihilfe zu Steuerhinterziehung,
Terrorfinanzierung und Drogenhandel. Es wurden unter anderem Gelder aus dem
Handel mit Waffen, Drogen und Blutdiamanten verwaltet.
Herausgekommen ist alles
durch ein Leak aus dem Jahr 2008. Damals setzte sich der frühere HSBC-Mitarbeiter
Hervé Falciani mit den Daten von rund 130.000 Kunden nach Frankreich ab und
übergab sie den dortigen Steuerbehörden. Die „Swiss-Leaks-Datei“ bezieht sich
auf die Jahre 1988 bis 2007 und stammt aus der Genfer Filiale. Zunächst erhielt
die französische Zeitung „Le Monde“ auf bislang unbekannte Weise Zugriff auf
die Daten. Anschließend wurden sie von insgesamt 45 Medienpartnern des
Recherchenetzwerks „International Consortium of Investigative Journalists“
(ICIJ) ausgewertet. An der Ausarbeitung der 59.058 Datensätze beteiligen sich
140 Journalisten aus zwölf Ländern, darunter auch Deutschland.
Die Ergebnisse sind
brisant: Sie betreffen Kundendaten aus mehr als 200 Ländern mit Einlagen von
insgesamt über 75 Milliarden Euro im Jahr 2007. Offenbar konnten internationale
Kunden auch problemlos Milliarden an Schwarzgeld anlegen. Auch Prominente
tauchen in den geleakten Daten auf: Neben dem jordanischen und marokkanischen
König oder der deutschen Industriellenfamilie Flick sind dies unter anderem der
britische Sänger Phil Collins, der US-Schauspieler Christian Slater, der
spanische Formel-1-Fahrer Fernando Alonso, der russische Oligarch Gennadi
Timtschenko, der italienische Sportmanager Flavio Briatore, die chinesische Multimillionärin Li Xiaolin oder der syrische
Immobilientycoon Rami Makhlouf.
Sportmanager Flavio Briatore |
Die HSBC betont, sie die Konten von Steuersündern geschlossen und
den Skandal aufgearbeitet. Mancher hat da allerdings erhebliche Zweifel. „Bei
der HSBC kapieren es die Leute immer noch nicht“, zitiert die „Süddeutsche
Zeitung“ den ehemaligen Leiter der Abteilung Finanzkriminalität des FBI Dennis
Lormel. „Die sind mehr außer Kontrolle als unter Kontrolle.“
Besonders unangenehm sind
die Enthüllungen für die britische Regierung. In London sind nach derzeitigem
Kenntnisstand keinerlei Maßnahmen gegen die HSBC oder ihre Mitarbeiter
ergriffen worden, nachdem erste Vorwürfe bekannt wurden. 2010 wurde der damals
zurückgetretene langjährige Bankchef Stephen Green unter Premierminister David
Cameron sogar zum Lord ernannt und als Handelsminister in die Regierung
berufen. „Entweder wusste Green von nichts und hat quasi hinter dem Steuer
geschlafen“, kritisierte nun Labour-Oppositionssprecherin Margaret Hodge nach
Angaben des britischen „Guardian“. Oder aber er habe davon gewusst „und war
direkt in die fragwürdigen Steuermethoden involviert“. Das herauszufinden, wird
nun Aufgabe der britischen Behörden sein.
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