Dienstag, 1. April 2014

Mexikanischer Drogenboss erschossen

Enrique Plancarte Solís, alias "Kike", ist offenbar von mexikanischen Sicherheitskräften erschossen worden. Er ist der zweite Boss der berüchtigten "Tempelritter", der getötet wurde. Das Kartell muss langsam um seinen Führungsnachwuchs bangen.




Enrique Plancarte Solís, den alle nur "Kike" nannten, fürchtete schon länger um sein Leben. Seit Wochen war er auf der Flucht kreuz und quer durchs Land, die Sicherheitskräfte an seine Fersen geheftet. Nur in seinem Heimatstaat Michoacán wähnte sich der 43-Jährige sicher, nur in dem Bundesstaat an der Pazifikküste kannte er jeden Winkel und verfügte über Netzwerke von Informanten und Freunden, die ihn vor seinen Häschern schützen sollten.

Aber als Bürgerwehren und Sicherheitskräfte in Michoacán Anfang des Jahres ihre Jagd auf die "Tempelritter" begannen, verließ Plancarte - bis dahin einer von drei Anführern der kriminellen Organisation - Michoacán und verschanzte sich in den Bergen und Dörfern der angrenzenden Bundesstaaten.




Spätestens als sein Kumpel und Gründer der "Tempelritter", Nazario Moreno, am 9. März von Soldaten getötet wurde, wusste Plancarte, dass man auch ihm an den Kragen wollte. Die mexikanische Regierung hatte umgerechnet eine halbe Million Euro auf seinen Kopf ausgesetzt. Auch die USA suchten ihn, weil er laut ihren Ermittlungen hauptverantwortlich war für die Herstellung und den Transport synthetischer Drogen aus Michoacán in die Vereinigten Staaten.



Laut Angaben der Marine stellten Eliteeinheiten Plancarte in der Ortschaft Colón im Bundesstaat Querétaro - und erschossen ihn. Das Innenministerium nimmt gegenwärtig einen DNA-Abgleich vor und will noch im Laufe des Tages bekanntgeben, ob es sich tatsächlich um die Leiche von Plancarte handelt.



Handel mit Drogen, Eisenerz und Organen

Nach dem Tod von Nazario Moreno hatte Plancarte das Kartell gemeinsam mit Servando Gómez Martínez alias "La Tuta" geführt. Nun ist Gómez der einzige Boss, aber auch ihm, so heißt es, seien die Verfolger schon auf der Spur.




Die "Caballeros Templarios", so ihr spanischer Name, sind ein regional tätiges Kartell mit Operationsbasis in dem strategisch wichtigen Bundesstaat Michoacán. Sie sind dort an Drogenhandel, Entführungen und illegalem Bergbau beteiligt. Sie erpressen Schutzgelder von Limonen- und Avocado-Bauern und exportieren illegal abgebautes oder erbeutetes Eisenerz an chinesische Mafia-Gruppierungen, die ihnen im Gegenzug Grundstoffe für die Produktion synthetischer Drogen liefern. Jüngst hieß es sogar, die "Tempelritter" seien in den Organhandel verstrickt. Es gibt derzeit kaum eine Gräueltat in Mexikos Westen, die nicht der Mafia angedichtet wird.




Die Templarios propagieren eine pseudo-religiöse Ideologie, mit der sie sich als Schützer der Armen und Entrechteten ausgeben. Verschiedentlich haben die Sicherheitskräfte bei den Caballeros Umhänge mit roten Kreuzen und Schriften sichergestellt, die von den mittelalterlichen Kreuzzügen inspiriert sind. Das Kartell bezeichnet seine Verbrechen als "göttliche Strafen". Auf der anderen Seite setzt es gnadenlos seine wirtschaftlichen Interessen mit Mord und Einschüchterung durch. Zwei von drei Unternehmern und Landwirten in Michoacán müssen Schutzgeld an die Mafia zahlen.

International bekannt wurden die "Tempelritter", als sich Anfang des Jahres Anwohner in sogenannten Bürgermilizen zusammenschlossen und gegen die Mafia zur Wehr setzten. Die Bürgerwehren eroberten nach und nach Dörfer und Städte zurück, in denen die "Tempelritter" und nicht der Staat die Ordnungsmacht waren.





Der Tod von zwei ihrer drei Anführer innerhalb von nur drei Wochen könnte nun das Ende der Bande bedeuten. Ob dann Ruhe in Michoacán einziehen wird, ist fraglich, denn inzwischen geraten auch die Bürgerwehren außer Kontrolle, sind bis an die Zähne bewaffnet, bekämpfen sich gegenseitig und wollen sich nur zum Teil dem staatlichen Gewaltmonopol unterwerfen. Sicherheitsexperten warnen bereits, die Milizen könnten eine ähnlich kriminelle Karriere einschlagen wie Ende der achtziger Jahre die Paramilitärs in Kolumbien, die von Großgrundbesitzern zum Schutz gegen die Linksguerillas gegründet wurden.

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