Amedeo Letizia stammt aus Casal
di Prinicipe, einer Hochburg der Camorra. In
seinem berührenden Buch arbeitet er seine Geschichte mit dem Verbrechersyndikat
und das leidvolle Leben seiner Familie auf.
Ein Buch über die Mafia oder die Camorra
zu schreiben, ist lebensgefährlich. Der sizilianische Schriftsteller Leonardo
Sciascia vermerkte 1961 im Nachwort seines Mafia-Romans „Der Tag der Eule“,
dass er ein Jahr lang das Manuskript gekürzt habe – um Prozessen zu entgehen
und der Wut einiger „ehrenwerter“ Bürger. Roberto Saviano lebt seit Erscheinen
seines Camorra-Buches „Gomorrha“ im Jahr 2006 unter Polizeischutz.
Nanni Balestrini blieb davon zwar
verschont, als er 2004 seinen Roman „Sandokan“ über den berüchtigten
Camorra-Boss Francesco Schiavone veröffentlichte, doch er musste mehrere
Verleumdungsklagen überstehen, damit sein Buch weiter verkauft werden konnte.
In den Büchern von Saviano und
Balestrini spielt ein kleiner Ort nördlich von Neapel eine zentrale Rolle:
Casal di Principe. Es ist die Hochburg des neapolitanischen Verbrechersyndikats
Camorra und mehr oder weniger unter der Kontrolle des brutalen Casalesi-Clans,
angeführt von Sandokan. Seit dem Erscheinen dieser Bücher ist einiges passiert.
Die Polizei hat endlich den Kampf gegen
die Mafia verstärkt. Zahlreiche Camorra-Bosse, so auch Schiavone, sind wegen
zahlreicher Morde und Drogenhandels zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Doch die Herrschaft der Camorra ist längst nicht gebrochen.
Mutig legt er sein Leiden daran offen, ein Casaleser zu sein.
Dementsprechend vorsichtig nähert sich
Amedeo Letizia in seinem mit Paola Zanuttini verfassten Buch dem Thema – zumal
er in Casal geboren und aufgewachsen ist. Ein Teil seiner Familie lebt dort
noch heute. Hier hätte er „ein Boss werden können oder eine Leiche, ein
Untergetauchter, ein Lebenslänglicher“, heißt es im zweiten Kapitel. „Das
Lehrangebot war da“, und tatsächlich war er der Verbrecherlaufbahn näher, als
ihm heute lieb ist. Sein Bruder Paolo hat sie kurzzeitig sogar eingeschlagen,
bevor er noch als junger Mann spurlos verschwand. Letizia lässt keinen Zweifel,
dass Paolo ein Opfer der Camorra geworden ist.
Wie also soll er schreiben über seine
Geschichte, er, der heute ein bekannter Schauspieler und Filmproduzent in
Italien ist? Er bittet die Journalistin Zanuttini es zu tun und erzählt ihr von
seinem „Leben im Schatten der Camorra“, wie es im Untertitel passend heißt.
Das geht nicht ohne Probleme ab. Er
erzählt zwar emotional, voller Wut und Schmerz, sehr plastisch, oft erinnert er
sich aber unscharf, bietet unterschiedliche Versionen eines Ereignisses, ist
bei seinen eigenen kleinen Straftaten erstaunlicherweise nie strafmündig. „Das
Gedächtnis verschanzt sich“, glaubt Zanuttini. Das Verschweigenwollen gewinnt
gelegentlich die Oberhand. Das Buch dokumentiert eine innere Zerrissenheit,
gegen die das Buch eine spezielle Therapie sein soll. Mutig legt er sein Leiden
daran offen, ein Casaleser zu sein. Hoffentlich erfolgreich. In letzter Zeit
immerhin, sagt seine Frau, brüllt er nicht mehr „wie einer, der gerade
abgeschlachtet wird.“
http://www.amazon.de/woher-kommst-Leben-Schatten-Camorra/dp/3888979374/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1397911520&sr=8-1&keywords=Amedeo+Letizia
.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen