Samstag, 22. Februar 2014

Die goldenen Colts der Drogenbosse

Mexiko schickt seit Jahren Zehntausende Soldaten in den Kampf gegen die Drogenkartelle - ohne großen Erfolg. In einem nicht öffentlichen Museum dokumentiert das Verteidigungsministerium den Krieg gegen die Mafia - und beschlagnahmte Ware aus dem Besitz der Bosse.





Die Begrüßung fällt militärisch knapp aus: "Willkommen im Museo de Enervantes!" Ohne Schnörkel greift der hoch gewachsene Major in grauer Uniform zum Zeigestock und erklärt an einer Schautafel, was den Besucher in den nächsten zwei Stunden im Drogenmuseum des mexikanischen Verteidigungsministeriums erwartet. Es ist eine Zeitreise zu den Anfängen des Rauschgifthandels in Mexiko vor hundert Jahren bis zum Krieg gegen die Kartelle in der Gegenwart.

Das "Museum für Drogen" im siebten Stock des Verteidigungsministeriums in Mexiko-Stadt gleicht einer gigantischen Asservatenkammer mit einem Hauch pädagogischer Glasur. Auf der Reise durch die Geschichte des Rauschgifts lernt man, dass die Chinesen in den 1880er Jahren nicht nur die Eisenbahn im Bundesstaat Sinaloa bauten, sondern auch die Mohnpflanzen mitbrachten. Und man erfährt, dass die USA im Zweiten Weltkrieg den Anbau von Schlafmohn in Mexiko förderten, um daraus das dringend benötigte Morphium für die verwundeten Soldaten zu gewinnen.




Vor allem aber ist das Museum das geheime Archiv dessen, was sich im jahrelangen Konflikt zwischen Armee und Drogenkartellen als Trophäen sicherstellen ließ. Es bietet gleich dutzendweise vergoldete Pistolen, mit Firlefanz verzierte Maschinengewehre und mit Diamanten besetzte Mobiltelefone. Auch schusssichere T-Shirts kann man bestaunen, sogar komplette Marihuana-Küchen.


Lernen für den "Kampf gegen den Feind"

Besonders erfreuen den Major die hinter Plexiglas im Miniaturformat nachgestellten erfolgreichen Einsätze der Armee gegen die Kartelle. "Es ist ein ständiges Katz- und Mausspiel, bei dem wir aber die Oberhand behalten", behauptet er, obwohl er es vermutlich besser weiß.

Aber das Thema sei ernst, versichert der Major. Zum Beweis fährt er mit seinem Stock die Namen der 900 Soldaten ab, die seit 1976 im Kampf gegen die Drogenkartelle gefallen sind. Jedes Jahr werde die Liste der toten Soldaten länger. Daher dürfe er auch seinen Namen nicht nennen. "Sicherheitsgründe." So seien die Regeln.




Das "Museo de Enervantes" ist dann auch kein Ausstellungsort im herkömmlichen Sinne. Der Allgemeinheit bleibt es verschlossen. "Hier sollen unsere Soldaten und Offiziersanwärter lernen, was sie für den Kampf draußen gegen den Feind brauchen", betont der Mayor.

Seit 2006 haben die Präsidenten mehrere zehntausend Soldaten in die Schlacht gegen die Kartelle geworfen. Das Resultat ist dürftig. Bis zu 100.000 Unbeteiligte, Soldaten, Drogenbosse und Pistoleros sind in diesem Krieg gefallen. Aber der Konsum steigt, und das Ringen um Routen und Reviere geht unvermindert weiter.

Beim Katz- und Mausspiel haben die mexikanischen Sicherheitskräfte die Methoden kennengelernt, mit denen die Mafias das weiße Pulver zu Wasser, zu Land und in der Luft in die USA zu schmuggeln versuchen. Die Kriminellen wickeln ihre Ware in Maisfladen ein und tarnen sie als Tacos, sie bauen Käse aus Kokain, backen Kekse aus Marihuana. Sie stopfen den Stoff in Spazierstöcke, in Bierdosen, hinter Bilder von der Jungfrau von Guadeloupe. Sie haben das weiße Pulver aus der Luft mit Fallschirmen abgeworfen, in U-Booten transportiert, unter der Wasseroberfläche in Netzen von Fischtrawlern ziehen lassen und sogar in Surfbretter eingebaut.


Uhr von Bulgari, Waffe vom Kartellgründer

Der Erstaunlichste ist der vorletzte Saal, "La Narcocultura" heißt er. Hier sind die Kaprizen der Kartell-Könige zu bestaunen. Die AK-47-Sturmgewehre mit vergoldeten Magazinen. Uhren, Halsketten, Armbänder - alles glänzt gleißend gelb. Mobiltelefone mit Blattgoldverschalung scheinen bei den Drogenbossen besonders beliebt. "Wir wollen hier zeigen, wofür die Verbrecher ihr Geld ausgeben", erklärt der Major.


Waffe von Guzmán


Prunkstück der bizarren Sammlung ist die kleine Handwaffe von Joachìm Guzmán dem meistgesuchten Verbrecher der Welt und Chef des Sinaloa-Kartells. Der Colt, Kaliber 38, ist am Griff besetzt mit 24-karätigem Gold und eingearbeiteten Brillanten. Die Waffe wurde "El Chapo" bei seiner Festnahme 1993 in Guatemala abgenommen. Guzmán ist zwar längst aus dem Gefängnis entflohen, nur seine Waffe bleibt im Besitz des Staates. Sie war übrigens ein Vermächtnis von Amado Carillo Fuentes, legendärer Gründer des Juárez-Kartells, und so was wie der Ziehvater von Guzmán im Drogengeschäft. Daher ziert die Waffe auch die Initialen von Fuentes - ACF.

Joachìm Guzmán - der derzeit meistgesuchte
Verbrecher der Welt


Zu den neuen Errungenschaften des Museums zählen Pistole und Uhr von Heriberto Lazcano, dem gefürchteten Gründer der Zeta-Bande, der im Oktober 2012 von Soldaten getötet wurde. Bei sich trug Z-3 seinerzeit eine mit Diamanten besetzte Bulgari-Uhr, Wert über 25.000 Euro, und einen vergoldeten Revolver, in den sein Name eingraviert ist.

Am Ende des Besuchs legt sich erstmals ein Lächeln auf das Gesicht des strengen Majors. Er sieht das Staunen in den Augen des Reporters: "Und das ist nur ein bescheidener Ausschnitt des Luxus", sagt er und fährt seinen Zeigestock wieder ein.


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