Mexiko
schickt seit Jahren Zehntausende Soldaten in den Kampf gegen die
Drogenkartelle - ohne großen Erfolg. In einem nicht öffentlichen Museum
dokumentiert das Verteidigungsministerium den Krieg gegen die Mafia - und
beschlagnahmte Ware aus dem Besitz der Bosse.
Die Begrüßung fällt
militärisch knapp aus: "Willkommen im Museo de Enervantes!" Ohne
Schnörkel greift der hoch gewachsene Major in grauer Uniform zum Zeigestock und
erklärt an einer Schautafel, was den Besucher in den nächsten zwei Stunden im Drogenmuseum
des mexikanischen Verteidigungsministeriums erwartet. Es ist eine Zeitreise zu
den Anfängen des Rauschgifthandels in Mexiko vor hundert Jahren bis zum Krieg
gegen die Kartelle in der Gegenwart.
Das "Museum für Drogen" im
siebten Stock des Verteidigungsministeriums in Mexiko-Stadt gleicht einer
gigantischen Asservatenkammer mit einem Hauch pädagogischer Glasur. Auf der
Reise durch die Geschichte des Rauschgifts lernt man, dass die Chinesen in den
1880er Jahren nicht nur die Eisenbahn im Bundesstaat Sinaloa bauten, sondern
auch die Mohnpflanzen mitbrachten. Und man erfährt, dass die USA im Zweiten
Weltkrieg den Anbau von Schlafmohn in Mexiko förderten, um daraus das dringend
benötigte Morphium für die verwundeten Soldaten zu gewinnen.
Vor allem aber ist das Museum das geheime
Archiv dessen, was sich im jahrelangen Konflikt zwischen Armee und
Drogenkartellen als Trophäen sicherstellen ließ. Es bietet gleich dutzendweise
vergoldete Pistolen, mit Firlefanz verzierte Maschinengewehre und mit Diamanten
besetzte Mobiltelefone. Auch schusssichere T-Shirts kann man bestaunen, sogar
komplette Marihuana-Küchen.
Lernen für den
"Kampf gegen den Feind"
Besonders erfreuen den Major die hinter
Plexiglas im Miniaturformat nachgestellten erfolgreichen Einsätze der Armee
gegen die Kartelle. "Es ist ein ständiges Katz- und Mausspiel, bei dem wir
aber die Oberhand behalten", behauptet er, obwohl er es vermutlich besser
weiß.
Aber das Thema sei ernst, versichert der
Major. Zum Beweis fährt er mit seinem Stock die Namen der 900 Soldaten ab, die
seit 1976 im Kampf gegen die Drogenkartelle gefallen sind. Jedes Jahr werde die
Liste der toten Soldaten länger. Daher dürfe er auch seinen Namen nicht nennen.
"Sicherheitsgründe." So seien die Regeln.
Das "Museo de Enervantes" ist
dann auch kein Ausstellungsort im herkömmlichen Sinne. Der Allgemeinheit bleibt
es verschlossen. "Hier sollen unsere Soldaten und Offiziersanwärter
lernen, was sie für den Kampf draußen gegen den Feind brauchen", betont
der Mayor.
Seit 2006 haben die Präsidenten mehrere
zehntausend Soldaten in die Schlacht gegen die Kartelle geworfen. Das Resultat
ist dürftig. Bis zu 100.000 Unbeteiligte, Soldaten, Drogenbosse und Pistoleros
sind in diesem Krieg gefallen. Aber der Konsum steigt, und das Ringen um Routen
und Reviere geht unvermindert weiter.
Beim Katz- und Mausspiel haben die
mexikanischen Sicherheitskräfte die Methoden kennengelernt, mit denen die
Mafias das weiße Pulver zu Wasser, zu Land und in der Luft in die USA zu
schmuggeln versuchen. Die Kriminellen wickeln ihre Ware in Maisfladen ein und
tarnen sie als Tacos, sie bauen Käse aus Kokain, backen Kekse aus Marihuana.
Sie stopfen den Stoff in Spazierstöcke, in Bierdosen, hinter Bilder von der
Jungfrau von Guadeloupe. Sie haben das weiße Pulver aus der Luft mit
Fallschirmen abgeworfen, in U-Booten transportiert, unter der
Wasseroberfläche in Netzen von Fischtrawlern ziehen lassen und sogar in
Surfbretter eingebaut.
Uhr von Bulgari, Waffe
vom Kartellgründer
Der Erstaunlichste ist der vorletzte Saal,
"La Narcocultura" heißt er. Hier sind die Kaprizen der Kartell-Könige
zu bestaunen. Die AK-47-Sturmgewehre mit vergoldeten Magazinen. Uhren, Halsketten,
Armbänder - alles glänzt gleißend gelb. Mobiltelefone mit Blattgoldverschalung
scheinen bei den Drogenbossen besonders beliebt. "Wir wollen hier zeigen,
wofür die Verbrecher ihr Geld ausgeben", erklärt der Major.
Waffe von Guzmán |
Prunkstück der bizarren Sammlung ist
die kleine Handwaffe von Joachìm Guzmán dem
meistgesuchten Verbrecher der Welt und Chef des Sinaloa-Kartells. Der Colt,
Kaliber 38, ist am Griff besetzt mit 24-karätigem Gold und eingearbeiteten
Brillanten. Die Waffe wurde "El Chapo" bei seiner Festnahme 1993 in
Guatemala abgenommen. Guzmán ist zwar längst aus dem Gefängnis
entflohen, nur seine Waffe bleibt im
Besitz des Staates. Sie war übrigens ein Vermächtnis von Amado Carillo Fuentes,
legendärer Gründer des Juárez-Kartells, und so was wie der Ziehvater von Guzmán
im Drogengeschäft. Daher ziert die Waffe auch die Initialen von Fuentes - ACF.
Joachìm Guzmán - der derzeit meistgesuchte Verbrecher der Welt |
Zu den neuen Errungenschaften des Museums
zählen Pistole und Uhr von Heriberto Lazcano, dem gefürchteten Gründer der
Zeta-Bande, der im Oktober 2012 von Soldaten getötet wurde. Bei sich trug Z-3
seinerzeit eine mit Diamanten besetzte Bulgari-Uhr, Wert über 25.000 Euro, und
einen vergoldeten Revolver, in den sein Name eingraviert ist.
Am Ende des Besuchs legt sich erstmals ein
Lächeln auf das Gesicht des strengen Majors. Er sieht das Staunen in den Augen
des Reporters: "Und das ist nur ein bescheidener Ausschnitt des
Luxus", sagt er und fährt seinen Zeigestock wieder ein.
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