Aus Nizza
berichtet Annika Joeres
Nach den Schüssen auf die Milliardärin Hélène Pastor
spekulierte man in Monaco über einen Auftragsmord der Mafia. Nun sorgen die
Ermittler für einen Paukenschlag: Ihr Schwiegersohn, polnischer Honorarkonsul
im Fürstenstaat, gilt als dringend verdächtig.
Der Ministaat Monaco wird von Ermittlungen
der Polizei erschüttert: Die Spur des Mörders der prominenten Bürgerin Hélène
Pastor führt offenbar direkt zu den nächsten Angehörigen der monegassischen
Multimilliardärin. Ihr Schwiegersohn Wojciech Janowski wird von den Ermittlern
verdächtigt, als Drahtzieher hinter den Schüssen auf die 77-jährige Frau zu
stecken. "Wir haben fragwürdige Geldflüsse von seinem Konto zu
Mittelsmännern gefunden", sagte Oberstaatsanwalt Brice Robin am
Dienstagnachmittag in Marseille. Diese Mittelsmänner stünden in direkter
Verbindung mit zwei Männern, die des Mordes an Pastor verdächtigt werden.
Wojciech Janowski |
Insgesamt 23 Personen seien am
Montagabend in Nizza, Marseille und Rennes festgenommen worden. Neben Janowski
ist auch seine Frau, Pastors Tochter Sylvia darunter. Letztere aber nur, um die
"Ermittlungen nicht zu gefährden" - sie gilt also offenbar nicht als
Anstifterin. Die Tochter soll nach unbestätigten Angaben jährlich
sechs Millionen Euro von ihrer Mutter erhalten haben. Ihr Mann sei hingegen
"dringend tatverdächtig".
Blick auf Monaco: Manchen Schätzungen zufolge gehört den Pastors jede vierte Wohnung in dem Fürstentum. |
Mit dieser Feststellung sorgte die
Staatsanwaltschaft im rund 200 Kilometer westlich gelegenen Fürstenstaat für
einiges Entsetzen. Janowski, polnischer Honorarkonsul im Fürstenstaat, ist ein
einflussreicher monegassischer Bürger, der häufig an der Seite des Prinzen zu
sehen war. Albert von Monaco hatte sich zuletzt ein Image als Umweltschützer
verpasst, Janowskis Betrieb Firmus organisierte in seinem Namen Konferenzen zur
Zukunft des Wassers und war in der polnischen und monegassischen Industrie- und
Handelskammer aktiv. Die Internetseite seiner Firma ging gestern offline, auch
am Telefon war niemand zu sprechen.
"Es war eine
hervorragende Arbeit"
Janowski leitete vor einigen Jahren Hotels
und Casinos der "Société des bains de mer", der größten, mehrheitlich
staatlichen Firma im Fürstenstaat und wurde vom französischen Präsidenten mit
der Ehrenmedaille ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr feierte der Mittsechziger
einen rauschenden Ball für seinen Autisten gewidmeten Wohltätigkeitsverein,
unter anderen mit Polens ehemaligem Präsidenten Lech Walesa. Ehrenvorsitzende
des Vereins war niemand geringeres als Charlène, Prinzessin und Ehefrau von
Fürst Albert. Sollten sich die Vermutungen der Ermittler bewahrheiten, so hat
Janowski einen ganzen Schwarm von Kleinkriminellen beschäftigt, die den Mord an
seiner Schwiegermutter verübten. Zu einem möglichen Motiv wollte sich die
Staatsanwaltschaft nicht äußern.
Trauerband an einem Schild des Immobilienunternehmens Pastor: Angeblich hatte es in Monaco seit Jahren keinen Mord gegeben. |
Die Polizei hat in Kleinarbeit ein Netz
von mutmaßlichen Tätern und Auftraggebern sondiert. "Es war eine
hervorragende Arbeit", sagte der Staatsanwalt sichtlich stolz. Es ist
recht ungewöhnlich, dass die Beamten schon drei Tage vor Ablauf der Untersuchungshaft
eine Pressekonferenz abhalten - aber offenbar motivierte der Erfolg ihrer
Ermittlungen und die "gesellschaftlich besonders sensiblen
Protagonisten" die frühe Veranstaltung.
Kontobewegungen führten
zu Janowski
Die beiden verdächtigen Männer hatten nach
Angaben der Ermittler am 6. Mai den Zug von Marseille nach Nizza genommen und
sich dort in der Nähe des Bahnhofs ein Hotelzimmer gemietet. Den Weg konnten
die Ermittler mit Aufnahmen aus Überwachungskameras nachverfolgen. Anschließend
fuhren die Männer in getrennten Taxis zum Krankenhaus, in dem Hélène Pastor
gerade ihren Sohn Gildo besuchte.
Als sie die Klinik verließ und im Wagen
Platz nahm, feuerte einer der beiden Männer erst auf sie, dann auf ihren
Chauffeur zahlreiche Schüsse ab. Anschließend flohen beide Täter und fuhren mit
dem Bus zum Hotel zurück. Am späten Abend nahmen sie ein Taxi nach Marseille.
Pressekonferenz im Krankenhaus von Nizza: Die 77-Jährige war an der Brust, am Nacken und am Kiefer verletzt worden. Ihr Fahrer starb vier Tage nach den Schüssen. |
Die Ermittler werteten Fingerabdrücke
aus dem Hotelzimmer aus: Spuren auf einer Duschgel-Flasche stimmten mit den
Abdrücken eines wegen schweren Diebstahls vorbestraften Täters überein. Sie
überwachten seine Telefonverbindungen und gelangten so zu den Mittelsmännern,
deren Kontobewegungen offenbar zu Janowski führten. In der Wohnung eines Täters
wurden unter anderem auch 10.000 Euro Bargeld in kleinen Scheinen gefunden.
Der Familie Pastor gehört rund ein Drittel
aller monegassischen Immobilien, ihr Vermögen wird auf bis zu zwanzig
Milliarden Euro geschätzt. Hélène Pastor lebte sehr zurückgezogen, zuletzt trat
sie bei Wohltätigkeitsbällen gemeinsam mit ihrer Tochter auf. Beide Frauen
arbeiteten zusammen im Büro des Immobilienimperiums, Sylvia wohnte mit Janowski
und ihren zwei Kindern aus erster Ehe in einer der vielen luxuriösen Wohnungen,
die Hélène Pastor gehörten.
Monaco zählt zu den teuersten Flecken der Erde. Günstige Steuerbedingungen locken zahlreiche Millionäre in den Stadtstaat. |
Bis Freitag wird Pastors Tochter in U-Haft
sitzen. Dann will die Staatsanwaltschaft bekannt geben, was die Verhöre
erbracht haben. Es sieht sehr danach aus, dass es für die Familie Pastor und
den Fürstenstaat keine angenehmen Erkenntnisse sein werden.
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/mord-an-helene-pastor-schwiegersohn-von-milliardaerin-unter-verdacht-a-977201.html
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