Wenn am Abend die Sonne untergeht und
der Vulkan Stromboli in der Ferne über dem Meer zu schweben scheint, versammeln
sich Urlauber an den Aussichtspunkten von Tropea. Der Blick von der auf einer
Felsklippe gelegenen Stadt in die Ferne ist so etwas wie ein Konzentrat
Kalabriens. Der Süden Italiens erfüllt Sehnsüchte deutscher Urlauber. Er
verspricht die Leichtigkeit des Lebens und den Genuss einfacher mediterraner
Küche.
Man sollte allerdings bereit sein,
kleine Schwächen hinzunehmen. In Kalabrien kommt an der 'Ndrangheta keiner ganz
vorbei. Der Zweig der Mafia bedroht Urlauber keineswegs, wahrscheinlich ist die
Gefahr von Diebstahl und Raub an der Côte d'Azur sogar viel größer. Die
'Ndrangheta macht aber das Leben der Menschen schwer und zeigt sich in Dingen,
die man auch am Rand der Europäischen Union nicht erwartet. Türmt sich zwei
Wochen lang der Müll in den Straßen, heißt die lakonische Antwort auf das
Warum: "Mafia."
Toni, der einen winzigen Laden in der
Nähe von Tropea betreibt und ein bisschen Deutsch spricht, zuckt mit den
Schultern. Die Stadtverwaltung sei eben korrupt. Die Müllabfuhr werde immer
wieder neu ausgeschrieben, dicke Schmiergelder seien an der Tagesordnung, und
da bleibe der Abfall zwischendurch eine Weile liegen. "Die Politik ist
schlecht bei uns", sagt Toni wie zur Entschuldigung, lächelt und bietet
selbst gekelterten Wein zum Probieren an. Egal, irgendwann rattern tatsächlich
wieder Müllfahrzeuge durch die engen Gassen.
Verwunschene
Ortschaften
Wer den südlichsten Teil der Autobahn A
3 zwischen Vibo Valentia und Reggio Calabria befährt, muss sich auf Baustellen
einrichten, mit deren Bau vor Jahrzehnten begonnen wurde.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei
Fahrten über die engen und steilen Landstraßen im Hinterland von Tropea oder
entlang der Küste zum Capo Vaticano oder nach Pizzo. An einer Stelle wurde vor
vielen Jahren mit dem Bau eines Tunnels begonnen, der mitten im Berg endet, an
anderer Stelle fehlt es am Straßenbelag. Die Fahrten lohnen sich dennoch, denn
sie führen in verwunschene Ortschaften und eine schöne Berglandschaft.
Der beschauliche Ort Nicotera südlich
von Tropea ist zum Beispiel einen Ausflug wert. Vom hoch gelegenen Belvedere
reicht der Blick weit über die Küstenebene von Rosarno bis zum größten
Containerhafen Italiens, Gioia Tauro, der gleichzeitig als Einfallstor für
harte Drogen gilt.
Süße Spezialität aus
Pizzo
In Richtung Norden bietet sich das
Städtchen Pizzo nicht nur für einen Spaziergang durch die Gassen an. Auf dem
Marktplatz ist Gelegenheit, in einem der Cafés Tartufo zu probieren. In Pizzo
rühmt man sich, die Spezialität erfunden zu haben, die in ihrer klassischen
Variante aus einer Vanilleeiskugel mit einen Kern aus dunkler Schokoladensoße
besteht, umgeben von einer Hülle aus Schokoladeneis und Kakaopulver. Inzwischen
gibt es eine große Auswahl verschiedener Varianten.
Einmal beim Essen angekommen, richtet
sich der Blick in Tropea auf die allgegenwärtigen roten Zwiebeln. Auf der
Pizza, als Pasta-Soße, im Salat oder als Brotaufstrich – die besonders milden
Cipolle fehlen in kaum einem Gericht und sind zu Zöpfen geflochten ein gern
gewähltes Mitbringsel.
Wer mehrere Tage in Tropea bleibt,
findet im Ort eine große Auswahl an Restaurants von einfach bis exquisit. Ein
Blick abseits der Hauptflaniermeile Corso Vittorio Emanuele in die Seitengassen
lohnt sich. Hier verstecken sich in den Hinterhöfen stimmungsvolle Lokale.
Der Bierpreis ist hoch
Kalabrien ist kein billiges Reiseziel.
Wer am Strand Liegen und Sonnenschirm haben möchte, sollte darauf achten, sie
als Inklusivleistung zur Unterkunft zu bekommen. Das Essen ist teurer als in Deutschland, beim Bierpreis wird so mancher Deutsche schreckensblass
Neben feinsandigen Stränden und kristallklarem Mittelmeer bietet das
Zehntausend-Einwohner-Städtchen eine schöne Abwechslung: Jeden Morgen bei gutem
Wetter sticht eine kleine Flotte von Ausflugsbooten Richtung Liparische Inseln
in See.
Zu empfehlen ist eine Kombination aus
Vulcano, Lipari und Stromboli mit jeweils kurzem Aufenthalt. Auf Vulcano – die
Insel mit ihrem Bilderbuchkrater ist Namensgeber aller Vulkane – kann man seine
Nase vom Schwefelduft der Schlammbäder umwehen lassen, in die von Rheuma oder
Schuppenflechte geplagte Menschen gerne steigen. Auf Lipari lohnt eine
Busrundtour. Am schönsten Aussichtspunkt gibt es Bruschetta mit den berühmten
Kapern der Insel an einem einfachen Stand.
Stromboli schließlich lockt als Kulisse
des gleichnamigen Films mit einem Spaziergang zum Haus von Ingrid Bergman und
Roberto Rossellini. An die Aktivitäten des Vulkans sollten man hingegen keine
zu hohen Erwartungen knüpfen. Seine Eruptionen etwa alle 15 bis 20 Minuten sind
in der Regel wenig spektakulär.
http://www.welt.de/reise/nah/article129033452/Tropea-ein-Urlaubsparadies-mit-Ecken-und-Kanten.html
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