Studenten aus Iguala bleiben verschwunden
Über der
mexikanischen Stadt Iguala liegt eine Mischung aus Wut, Angst und Misstrauen.
Hier verschwanden vor knapp einem Monat 43 Studenten. Unter Verdacht: der
Bürgermeister und die lokale Drogenmafia. Der Gouverneur des Bundesstaates
Guerrero ist inzwischen zurückgetreten.
Auf den Straßen von Iguala
patrouillieren die Jeeps der mexikanischen Bundespolizei, einige mit
aufgepflanzten Maschinengewehren. Draußen vor der 120.000 - Einwohnerstadt hat
die Armee weitere Fahrzeuge, überall sieht man Uniformen – aber die
Sicherheitskräfte konnten nicht verhindern, dass aufgebrachte Demonstranten das
Rathaus angezündet haben.
Iguala ist berüchtig wegen seiner hohen Mordrate. Die Drogenkartelle arbeiten mit der Justiz Hand in Hand. Fast wöchentlich werden irgendwo Tote, Verstümmelte, Hingerichtete gefunden. Und immer laufen die Fäden im Rathaus zusammen.
Von hier aus im Rathaus soll der
Bürgermeister Jose Luis Abarca direkt mit der örtlichen Drogenmafia
zusammengearbeitet haben. Abarcas Ehefrau kommt aus einer Familie des
Drogenmafia-Milieus. Auch der Polizeichef von Iguala war wohl mit im Boot. Für
das Verschwinden der 43 Studenten dürften die drei und die Drogenbande
Guerreros Unidos verantwortlich sein. Misstrauen hängt über Iguala in Guerrero,
nur wenige wollen reden. Etwa dieser Mechaniker:
"Es gab immer
Gerüchte über den Bürgermeister in unserer kleinen Stadt. Auch, dass seine Frau
zur Mafia gehört. Aber die Stadtverwaltung selbst hat gut funktioniert."
Der Bürgermeister und seine Frau sind untergetaucht
Abarca, seine Ehefrau und der
Polizeichef sind untergetaucht. Gegen sie wurde inzwischen ein Haftbefehl
erlassen. Denkbar ist, dass die drei sich in ihrer Macht bedroht fühlten durch
die linken Studenten, die vor knapp einem Monat in Iguala protestierten, und
dass sie die jungen Leute deshalb umbringen ließen.
Gestern hat der Gouverneur des
Bundesstaates Guerrero, Angel Aguirre, politische Konsequenzen gezogen und ist
von seinem Amt zurückgetreten. Das hatten viele seit Wochen gefordert. Aguirre
gilt ebenfalls als korrupt – ihm wird vorgeworfen, dass er den Bürgermeister
von Iguala und das Treiben dort geduldet hat.
Iguala ist weder schön noch hässlich,
viele kleine Geschäfte, enge Straßen. Bisher war man stolz darauf, dass die
mexikanische Trikolore von hier stammt. Jetzt steht die Stadt für die
Unterwanderung durch das organisierte Verbrechen, die direkte Verbindung von
Politik, Polizei und Mafia, wie es sie auch in anderen Gegenden Mexikos geben
dürfte. Ein Anwohner erklärt sich das so.
"Es ist ein
Problem von uns allen. Einige wussten sicher etwas, aber haben nichts gesagt
oder angezeigt aus reiner Angst. Andere haben vielleicht selber Kinder, die bei
der Mafia mitmischen und sagen deshalb nichts. Jetzt haben wir ein großes
Problem."
Massengräber draußen vor der Stadt
Draußen in den Bergen vor der Stadt
wurden Massengräber entdeckt. Nach den ersten DNA-Tests soll es sich bei den
Leichnamen nicht um die verschwundenen Studenten handeln. Aber kaum jemand
stellt die Frage, wer die Toten dann sind. Eine Frau in der Berggegend
beschreibt, wie das hier so zuging:
"Regelmäßig sind
hier schwere Wagen hochgefahren in die Berge. Fünf bis zehn Autos, nachts um
eins – und erst im Morgengrauen sind sie wieder runtergekommen. Da oben ist
eigentlich nichts. Wir sind aus Angst vor denen nicht vor die Tür
gegangen."
Iguala ist nun voller Uniformierter, die
Bundesbehörden versprechen Aufklärung, haben mehr als 40 Personen festgenommen,
in der Mehrheit Polizeibeamte aus Iguala. Ansonsten haben die Behörden aber
wenig Erfolge vorzuweisen. Und die 43 Studenten gelten weiter als verschwunden:
"Ich möchte gerne
glauben, dass die jungen Leute noch am Leben sind. Gerade für ihre Eltern muss
es schrecklich sein. Wir hoffen alle, dass wir sie lebend wiedersehen."
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