Dienstag, 1. April 2014

Chinesischen Mafiabossen droht die Todesstrafe

In China beginnt der Prozess gegen die Mafia der Liu-Brüder. Die 36-köpfige Bande mordete kaltblütig. Spektakulär ist auch die Anklage des Logistikchefs der Armee – ihm droht die Hinrichtung.


Liu Chan, der frühere Chef der mafiösen Hanlong-Bande,
steht vor Gericht in der Provinz Sichuan. Ihm droht die Todesstrafe


Es sei die "größte mafiaähnliche Verbrechergruppe", der in der jüngsten Geschichte Chinas der Prozess gemacht wird, schrieb die Nachrichtenagentur Xinhua, die nicht zu Übertreibungen neigt. Tief in der zentralchinesischen Provinz begannen am Montag spektakuläre Prozesse gegen 36 mutmaßliche Schwerstverbrecher der sogenannten Hanlong-Bande. Viele von ihnen müssen mit einem Todesurteil rechnen.


Hohe Sicherheitsstufe vor dem Gericht in Xianning:
Drinnen sitzt Liu Han, Chef der mafiösen "Halong-Bande"


Die Bande muss sich wegen neunfachem Mord seit 1993 und 20 anderer Schwerstverbrechen verantworten. An ihrer Spitze standen die Brüder Liu als so genannte Mafia-Bosse. Nach außen sei der 43-jährige Liu Wei als angesehener Unternehmer in Guanghan erschienen, schreibt Xinhua, der 2008 für seine Region als Staffelläufer die olympische Fackel trug. Doch er sei auch ein Kredithai gewesen, habe die Stadt Guanghan terrorisiert, das Glücksspiel und die Bauaufträge kontrolliert. Sein 49-jähriger Bruder und Bergwerksbesitzer Liu Han galt bis zu seiner Festnahme als international bekannter Vorzeigeunternehmer der Privatwirtschaft und Philanthrop.

Der Vorstandschef der 12.000 Mitarbeiter beschäftigenden Sichuan -Hanlong- Energiegruppe, die auch an Bergbauunternehmen in den USA und Australien beteiligt war, "kontrollierte mehr als 70 Tochtergesellschaften". Liu soll sich für seine krummen Geschäfte "politische Schutzschirme" erkauft haben. Bis kurz vor ihrer Festnahme im März 2013 hatten "die Brüder sich ein Netzwerk an korrupten Beamten durch Bestechung, Hilfestellung bei Beförderungen und Belieferung mit Rauschgiften geknüpft", hieß es in der Anklageschrift.


Brüder genossen Schutz von höchster Ebene

Doch Chinas staatliche Medien fragen seit der Festnahme der Brüder Liu, wie sie seit 1993 in Sichuan und besonders seit 2003 ihre kriminellen Machenschaften ungestört verfolgen konnten, ohne dass Provinzbehörden oder gar die Zentralregierung einschritten. Die Brüder hätten höchste Protektion durch die "graue Eminenz von Sichuan", Zhou Yongkang, gehabt, einen der damals höchsten Parteifunktionäre Chinas, und seine geschäftigen Familienmitglieder.

Die Medien dürfen den Namen Zhou noch nicht nennen, der Provinzchef von Sichuan, später Polizeiminister und schließlich 2007 bis 2012 als Mitglied des Ständigen Politbüro-Ausschusses auch höchster Sicherheitsfunktionär Chinas war. Aber sie stoßen ständig auf ihn. Die Justizschlinge um den heute 71-Jährigen, der seit acht Monaten in Hausarrest sitzen soll, zieht sich täglich enger zusammen. Mit der Mafiabande der Brüder Liu, so erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters, seien bisher 300 Funktionäre, Sekretäre, Sicherheitsbeamte und Industriemanager aus seinem Umkreis bis hin zu direkten Angehörigen wie sein Bruder und sein Sohn verhört oder festgenommen worden. Milliardenvermögen in Immobilien, auf Konten und in Verstecken seien bis zur Gerichtsentscheidung beschlagnahmt worden.


Logistikchef der Armee droht die Todesstrafe

Der Prozess gegen die Mafiabrüder Liu ist der erste fallende Dominostein für die lang erwartete juristische Abrechnung mit dem Ex-Polizeizaren. Ein zweiter Dominostein fiel vergangenen Dienstag. Xinhua gab die ebenfalls lang erwartete, überfällige offizielle Anklage gegen noch einen bisher unberührbaren "Tiger" bekannt, den schon im Januar 2012 festgenommenen früheren obersten Vizebeschaffungs- und Logistikchef der Armee und hohen Militär Gu Junshan.




Der heute 57-Jährige, der auch das Immobilienwesen der Armee kontrollierte, wird vor einem Militärtribunal abgeurteilt. Auch ihm droht die Todesstrafe. Xinhua schrieb: Er wird wegen "Korruption, Bestechung, Unterschlagung und Machtmissbrauch" in Milliardenhöhe beschuldigt.


Gu Junshan


In sieben Strafkammern der fünf Gerichte von Xianning müssen sich die einst mit Maschinenpistolen und Gewehren bewaffneten 36 Mitglieder der Liu-Brüder- Bande für Verbrechen verantworten, mit denen sie ganze Regionen in Angst und Schrecken versetzten. Xianning liegt an Hubeis Grenzen zu den zentralchinesischen Provinzen Hunan und Jiangxi. Dort konnten weder die Brüder noch ihre Helfershelfer Einfluss ausüben. Genau aus diesem Grunde wählte Peking Xianning als Platz der Anklage. Xinhua schreibt: Mehr als zehn Jahre hielten die Brüder Liu "die Gesellschaft in Sichuan in Angst und Schrecken. Ihre Opfer trauten sich nicht, etwas zu sagen."

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