Mittwoch, 16. April 2014

Die Mafia mordet 700 Mal im Jahr

Geldwäsche, Schutzgelderpressung und Drogenhandel, hier bei uns? Mafia und Camorra sind längst nicht mehr nur in Italien aktiv. Das hat hat der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Jürgen Grasemann in Wetzlar berichtet.


Staatsanwalt Grasemann


Rund 100 Menschen waren der Einladung des Vereins "Pro Polizei" zu dem Vortrag gefolgt. An den Anfang setzte Grasemann den Stern TV-Film "Die Mafia in Deutschland", der sich mit der Lebensgeschichte von Giorgio Basile beschäftigt, der als Gastarbeiterkind aus Kalabrien ins Ruhrgebiet kam und von Macht und Reichtum träumte. Die Kontakte zur Mafia ließen den Stern am Mafiahimmel aufgehen, der am Ende straffrei blieb, weil er seine eigene Organisation an die Justiz verriet. "Diese kriminellen Organisationen sind am gefährlichsten, so lange man nichts von ihnen hört", weiß Grasemann. Wenn dann Schüsse fielen, wie 2006 in Duisburg, gingen die Clans gegeneinander an.

Das Bundeskriminalamt schätze, dass solche Verbrecherbanden, die zumeist aus Kalabrien oder von der neapolitanischen Camorra kämen, 1200 Mitglieder hätten. "Die sizilianische Cosa Nostra ist nicht so sehr vertreten und kleine Gruppen stammen von der Sacra Corona Unitas aus Apulien", sagte Grasemann, der 700 Mafia-Morde pro Jahr summierte. "Am Bodensee gibt es mehr als 30 Mafiosi, Stuttgart ist eine Hochburg, auch in Nordrhein-Westfalen und auch Hessen ist nicht ausgespart."

Mit dem Mauerfall habe man beim "Aufbau Ost" die Spur von Baufirmen verfolgen können, die mit illegalem Geld für Dumpingpreise sorgten und mit Bestechung vorankamen. "Das war nicht vergleichbar mit Italien, gibt es doch auch Experten, die dagegen angehen, jedoch gefährlich leben und abtauchen müssen", erzählt Grasemann. "Die Mafia ist eine Krake, die weiß, dass sie sich in Nordeuropa breitmachen kann, solange sie unauffällig arbeitet."

Dem Problem Mafia werde nicht so viel Aufmerksamkeit beigemessen, denn die Omertà, die Schweigepflicht der Mafiosi, verdecke alles. Nur wenn einer aus dem innersten Kreis, der die Strukturen kenne und sein Leben in Gefahr sehe, sein Wissen der Polizei anbiete, gelinge es, große Schläge gegen diese Verbrecherstrukturen auszuführen.


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