Polizei zeigt neues Bild des Mafia-Phantoms
Der Cosa-Nostra-Killer Matteo Messina Denaro ist
seit mehr als 20 Jahren untergetaucht. Mit einem neuen Phantombild will die
Polizei ihn endlich fassen. Doch der Sicherheitskordon, den der Pate um sich
gezogen hat, ist offenbar undurchdringlich.
Matteo Messina Denaro - 26 Jahre alt |
"Es gibt jemanden, der ihn von nahem gesehen hat":
So lautet die Nachricht des Tages für all jene, die seit mehr als zwei
Jahrzehnten versuchen, Matteo Messina Denaro hinter Gitter zu bringen.
Ermittler der Abteilung Organisierte Kriminalität bei der italienischen Finanzpolizei
haben ein neues Phantombild des flüchtigen Cosa-Nostra-Chefs angefertigt; es
beruht auf Angaben einer Person, die den Boss offenbar gut kennt.
Älter, fülliger und grimmiger, die
Nase etwas schmaler als früher - so präsentiert sich der Pate auf dem Bild, das
jetzt um die Welt geht. Die obligatorische Brille fehlt, obwohl man vermutet,
dass die Augen des Capos eher schlechter als besser geworden sind mit den
Jahren: Ein spanischer Arzt gab zu Protokoll, dass Messina Denaro an einer
schweren Netzhauterkrankung leide und auf einem Auge erblinden könne. Bei dem
Mediziner hatte sich der Mafioso auf der Flucht in Barcelona behandeln lassen.
Matteo Messina Denaro - heute |
Seit seinem Untertauchen im Juni 1993 gilt
Messina Denaro als "Fantasma", als Gespenst. Keine Überwachungskamera
hat je sein Gesicht aufgenommen, kein Richtmikrofon seine Stimme dokumentiert.
Es gibt nur ein paar jahrzehntealte Fotos des "Capo dei Capi". Schon
deshalb ist jeder noch so kleine Anhaltspunkt über das Aussehen des
meistgesuchten Mafioso Italiens für die Ermittler wichtig.
Körper
in Säure aufgelöst
Messina
Denaro gilt als skrupelloser Killer, der in seiner Jugend viel Wert auf
schnelle Autos und teure Uhren legte. Im Juli 1992 soll er nicht nur den
untreuen Mafioso Vincenzo Milazzo getötet, sondern auch dessen schwangere
Freundin eigenhändig erdrosselt haben. Ihm wird unter anderem die
Mittäterschaft bei drei Bombenanschlägen in Rom, Florenz und Mailand
vorgeworfen, bei denen im Sommer 1993 zehn Menschen ums Leben kamen und mehr
als hundert verletzt wurden.
Im November desselben
Jahres soll er an der Entführung des kleinen Giuseppe Di Matteo beteiligt
gewesen sein, der 779 Tage von der Mafia festgehalten wurde, damit sein Vater
eine Aussage zum Mord an dem italienischen Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone zurückziehe.
Das Kind wurde erdrosselt, sein Körper in Säure aufgelöst.
Es gab Gerüchte, dass Messina Denaro
ins Ausland geflohen sei, doch die Ermittler sind inzwischen davon überzeugt,
dass er sich irgendwo nahe seinem Heimatort Castelvetrano im Nordwesten
Siziliens aufhält. Es ist eines der ungeschriebenen Gesetze der Mafia, dass ein
Capo immer vor Ort sein muss, wenn er die Kontrolle über sein Territorium
behalten will. Dies gilt auch in Zeiten, in der die Cosa Nostra sich zunehmend
internationalisiert. Wie sein Vorgänger Bernardo Provenzano, der krank und in
die Jahre gekommen im Gefängnis sitzt, kommuniziert Messina Denaro über
sogenannte "Pizzini" - kleine, vielfach gefaltete handschriftliche
Nachrichten, über die er codierte Befehle an seine Untergebenen gibt.
Zwar hat die Polizei hunderte seiner
Mittelsmänner aus dem Verkehr gezogen, auch wurde Vermögen im Wert von 3,5
Milliarden Euro von den Konten seiner Strohmänner konfisziert. Doch
"Diabolik", wie ihn seine Freunde in Erinnerung an seine blutige
Vergangenheit nennen, ist noch immer auf freiem Fuß. Es ist ein offenes Geheimnis,
dass dies auch an der Unterwanderung von Polizei und Carabinieri durch
Mafia-Angehörige liegen könnte: Gut möglich, dass diese den Capo und seine
Sicherheitsleute gegebenenfalls vor einem Zugriff warnen. Messina Denaro soll
zudem im Besitz von hochgeheimen Informationen des Bosses Totò Riina sein, die
ihn vor einer Verhaftung schützen.
Auf Hinweise, die zur Ergreifung von
Messina Denaro führen, ist eine Belohnung von 1,5 Millionen Euro
ausgeschrieben. Genug für ein sorgenfreies Leben. Genau das aber hat niemand, der
einen Mafioso ins Gefängnis bringt.
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