1,6 Kilo Kokain hortete der
Chef-Drogenfahnder von Kempten in seinem Spind – bis ihn die Ehefrau nach einem
brutalen Streit verriet. Die CSU spricht von „versuchtem Totschlag“. Doch der
Beamte konnte so viel Koks gar nicht schnupfen: Verfing er sich im Netz der
Mafia?
Der Chef der Drogenfahndung in Kempten
sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: In seinem Spind wurden 1,6 Kilogramm
Kokain gefunden. Das Rauschgift soll Medienberichten zufolge einen Wert von
rund 250.000 Euro haben. In den ersten Ermittlungen hätten sich Hinweise darauf
ergeben, "dass der Beamte selbst Drogen konsumieren soll", sagte
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag am Rande einer
Landtagssitzung. „Das kann ich mir aber absolut nicht vorstellen“, widerspricht
ein Nachbar des Mannes.
Heftig spekuliert wird
deshalb über einen möglichen Zusammenhang des Falls mit mafiösen Strukturen im
Allgäu: Rund 200 mutmaßliche Mafia-Mitglieder stünden derzeit in Bayern unter
Beobachtung der Sicherheitsbehörden, berichtet heute die Augsburger Allgemeine
Zeitung unter Berufung auf Mario Huber vom Bayerischen Landeskriminalamt. „Wir
haben relativ gute Informationen darüber, welche Köpfe sich hier aufhalten“,
habe Huber bei einer Experten-Anhörung des Landtags in München gesagt.
Oberstaatsanwalt Gunther Schatz ist bei
der Ermittlungsbehörde zuständig für den Bereich der organisierten
Kriminalität. Er sagte der „Augsburger Allgemeinen“, dass jetzt häufig die
Kinder- und Enkelgeneration der seit den 1960er-Jahren ins Allgäu gezogenen
Mafiosi nach Süddeutschland komme. Das Allgäu war seit den spektakulären
Mafiaprozessen in den 1980er- und 1990er-Jahren vor dem Kemptener Landgericht
in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.
Kokainhandel ist
wichtigstes Geschäft der Mafia im Allgäu
Mittlerweile habe sich Bayern aber von
einem Aktionsraum der Mafia vor allem zu einem „Ruheraum“ oder „Rückzugsraum“
gewandelt, fasst Huber die Erkenntnisse der Behörden zusammen. Das heiße
allerdings nicht, dass Mafia-Angehörige nicht weiterhin Geld investierten. Dies
wird besonders dadurch begünstigt, dass auch höhere Summen in Deutschland
vergleichsweise leicht gewaschen werden können:
„Das deutsche Geldwäschegesetz ist ein
relativ stumpfes Schwert“, beklagt sich Schatz. In anderen Ländern müssten
Verdächtige dagegen nachweisen, wie sie an größere Geldsummen gekommen sind.
Schatz fordert deshalb eine „Beweislast-Umkehr“.
Zumal
die Mafiosi den Ermittlern zufolge „schlauer geworden“ seien. Im Allgäu ist ihr
wichtigstes Geschäftsfeld Schatz zufolge nach wie vor der Kokainhandel. Tätig
sei die kriminelle Organisation aber auch beispielsweise im Bereich der
Produktfälschung und der regenerativen Energien: Dort könne Geld gewaschen und
gleichzeitig noch Subventionen abgegriffen werden.
Innenminister Joachim Herrmann (CSU)
sicherte am Mittwoch im Innenausschuss „sorgfältigste Ermittlungen“ zu.
Das Allgäu galt in früheren Jahren als
Rückzugsraum für italienische Gangster verschiedener Syndikate. „Man muss
befürchten, dass es sich möglicherweise nur um die Spitze eines Eisbergs
handelt“, sagte der SPD-Abgeordnete Paul Wengert.
Der frühere Landtags-Vizepräsident Peter
Paul Gantzer (SPD) sagte, der Fall ähnele einem Hollywood-Krimi - „und der Böse
ist auch noch der Chef“. „Leider ist das kein guter Krimi“, sagte Tanja
Schweiger (Freie Wähler). Auch die CSU will Aufklärung: „Aber mir ist wichtig,
dass das nicht die hervorragende Arbeit unserer Polizei insgesamt in Verruf
bringt“, sagte der CSU-Abgeordnete Manfred Ländner.
Ermittlungen auch
wegen versuchten Totschlags
Nach dem Drogenskandal bei der Polizei
Kempten muss sich der betroffene Beamte möglicherweise auch wegen versuchten
Totschlags verantworten. Dessen Ehefrau, die nach einem Familienstreit die
Polizei alarmiert hatte, sei „Opfer schwerer Körperverletzungen“ geworden,
sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Dienstag am Rande einer
Landtagssitzung. „Aktuell stellt sich sogar die Frage, ob es sich um versuchten
Totschlag handelt.“
Der Beamte, der zuletzt Leiter der
Drogenfahndung war, sitzt in Untersuchungshaft. Er war kurze Zeit nach dem
Streit mit seiner Frau festgenommen worden. In seinem Spind wurden später nach
Angaben Herrmanns 1,6 Kilogramm Kokain gefunden. In den ersten Ermittlungen
hätten sich Hinweise darauf ergeben, „dass der Beamte selbst Drogen konsumieren
soll“, sagte Herrmann. Es sei aber noch unklar, woher die Drogen stammen und
wie sie in den Besitz des Beamten gekommen seien. Das Rauschgift soll
Medienberichten zufolge einen Wert von rund 250 000 Euro haben.
http://www.focus.de/panorama/welt/kokain-im-spind-des-drogen-chefs-macht-die-polizei-im-allgaeu-gemeinsame-sache-mit-italiens-mafia_id_3644871.html
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